Lange Laktationszeiten: Eine vollwertige Strategie für die Ziegen

Lange Laktationszeiten: Eine vollwertige Strategie für die Ziegen

Die Entscheidung, Ziegen dauerzumelken, ermöglicht optimierte Betriebsabläufe mit weniger Geburten und Zicklein.
Mehr als ein Drittel der Ziegenhalter in Frankreich dauermelkt heute einen signifikanten Anteil der Ziegen. Lange Laktationszeiten sind eine mögliche Antwort auf Herausforderungen wie anfallende Arbeitszeiten in der Aufzucht, Gesundheitsrisiken bei der Ablammung, kontinuierliche Milcherzeugung, Saisonalität der Fortpflanzung und Vermarktung der Zicklein. Die Umsetzung muss jedoch durchdacht und bewältigt werden.
Die Entscheidung für lange Laktationen kann eine ökonomische, arbeitszeit- oder gesundheitsbezogene Entscheidung sein. Lange Laktationen ermöglichen bei guter
Beherrschung in der Praxis eine höhere Milchmenge und eine ganzjährige Milchproduktion. Wer Milch abliefert, erhält im Winter bessere Preise. Die Hofkäsereien können das ganze Jahr über Käse verkaufen und haben keine Winterpause. Das Dauermelken ermöglicht zudem, Ziegen zu behalten, die eine hohe Milchleistung, aber Fruchtbarkeitsprobleme haben. Eine Ziege, die belegt wird, verursacht Kosten und Zeit. Die lange Laktation darf keinesfalls eine mangelndes Fortpflanzungsmanagement verschleiern. Wenn die Praxis des Dauermelkens jedoch gut beherrscht wird, kann sie auch die Kosten der Remontierung senken.

Aus wirtschaftlichen, arbeitszeit- oder gesundheitsbezogenen Gründen

Eine weitere Motivation der Landwirte besteht darin, die Arbeitszeit zu verkürzen oder Arbeitsspitzen abzubauen. Weniger Ablammungen senken den Zeitaufwand für
Überwachung und Aufzucht. In den Hofkäsereien ermöglichen lange Laktationen eine bessere Verteilung der Milchmenge über das Jahr. Auf der anderen Seite muss dann auch an 365 Tagen im Jahr gemolken werden. Aus gesundheitlicher Sicht werden bei weniger Ablammungen das Sterberisiko oder die Veterinärkosten gesenkt. Die Landwirte können sich stärker auf die Haltung und die Pflege der Tiere konzentrieren, die für die Remontierung vorgesehen sind.

Um eine Strategie für lange Laktationen umzusetzen, muss erst einmal der richtige Anteil der dauerzumelkenden Ziegen in der Herde ermittelt werden. In der Praxis
sollten Ziegen mit langen Laktationen nicht mehr als die Hälfte der Herde ausmachen. Die Remontierungsrate sollte bei 20 bis 25 Prozent gehalten werden, um das Altern der Herde zu vermeiden und das genetische Potenzial zu erhalten. Umgekehrt kann eine höhere Remontierungsrate eine mangelnde Persistenz (Beständigkeit in der Milchleistung) der laktierenden Ziegen verschleiern. Der Anteil der Ziegen in langer Laktation hängt jedoch auch von der Altersstruktur der Herde ab und von dem Ziel in Bezug auf die Herdengröße (gleichbleibend oder wachsend) sowie generell von der Remontierungsrate. Halten Sie die besten Milchziegen in der Laktation, ohne die Remontierung zu vernachlässigen.

Lang laktierende Ziegen müssen in zwei Perioden getrennt vom Rest der Herde gehalten werden: Während der Belegung der anderen Gruppe sowie beim Trockenstellen und Ablammen, also mindestens fünf Monate im Jahr. Die Zahl der Ziegen in langer Laktation muss daher auf die Platzkapazitäten in Stall und Melkstand sowie auf die Größe des Milchtanks angepasst werden. Es gilt auch die Anzahl der Ziegen zu berücksichtigen, die eventuell nicht aufnehmen und daher zusätzlich in die Gruppe aufgenommen werden müssen. Natürlich muss die Anzahl der Tiere in langer Laktation auch auf die verfügbaren Futtervorräte abgestimmt werden.

Nicht alle Ziegen sind gleich gut geeignet für eine gelingende lange Laktation. Die Auswahl der Ziegen beruht in erster Linie auf ihrer Produktivität und ihrem Zellstatus.
Je produktiver eine Ziege ist, desto größer ist die Chance, dass sie die Milchleistung auf hohem Niveau halten kann. Eine lange Laktationszeit ist sinnvoll, wenn der
Laktationshöhepunkt der Ziege über dem Herdendurchschnitt liegt und eine Leistung von mindestens zwei Kilogramm Milch erreicht. Es sollten bevorzugt Tiere mit
gleichbleibender Milchproduktion ausgewählt werden. Gute Milchziegen mit starkem Abfall in der Laktationskurve sollten nicht dauergemolken werden. Bezüglich des
Zellstatus wird empfohlen, bevorzugt Ziegen in gutem Gesundheitszustand auszuwählen, bei denen weniger als drei Untersuchungen eine Zellzahl über zwei Millionen ergeben hat.

Die Auswahl der Ziegen ist nicht einfach, da gute Kandidatinnen für eine lange Laktation potenziell auch für die Zucht ausgewählt werden sollten. Daher sollte man zwischen Zucht und langer Laktation abwägen. Unter den Tieren, die die genannten Kriterien erfüllen, können beispielsweise die Jungtiere eher zur Zucht und die Altziegen eher zum Dauermelken ausgewählt werden.

Somatische Zellen in der Milch überwachen

Ziegen mit langer Laktation in separater Gruppe: So kann die Futterration optimal angepasst werden. Dies gilt vor allem, wenn die andere Gruppe trockengestellt wird. Das Halten aller Ziegen in einer einzigen Gruppe funktioniert beim Dauermelken nicht.

Eine weitere Voraussetzung für erfolgreiches Dauermelken ist, dass man genügend Platz im Stall hat. In der klassischen Vorgehensweise werden die Jungziegen einen
Monat vor dem Ablammen in die Herde integriert, während die zu ersetzenden Ziegen bereits nach der Ultraschalluntersuchung ausgesondert wurden. In einer langen Laktation werden die Jungziegen hingegen in die Herde integriert, in der auch die dauerzumelkenden Ziegen sind (es ist noch zu früh, zu entscheiden, ob diese ersetzt oder wieder belegt werden). In der Zeit, in der beide Gruppen im Stall sind, benötigt man zusätzlichen Platz. Es besteht die Gefahr einer Überbelegung, die zu Beeinträchtigungen in der Haltung und damit der Leistung führen kann.

Es ist wichtig, auf die Zellgehalte zu achten, da der Zellstatus bei Ziegen in langer Laktation zur Verschlechterung tendiert. Durch das fehlende Trockenstellen fehlt die Möglichkeit, die Zellzahlen und das Aufkommen von Euterentzündungen zu behandeln. Es besteht die Gefahr, Infektionsherde im Bestand zu halten. Sprechen Sie Ihren Berater an, um sich über die praktische Umsetzung beim Durchmelken auszutauschen.

Definition der langen Laktation

Eine Ziege ist in langer Laktation, wenn sie mindestens 480 Tage lang ohne Ablammung Milch gibt. Die durchschnittliche Laktationsdauer liegt dann bei fast 700 Tagen. Bei einigen Ziegen kann die Laktation mehrere Jahre dauern. Achtung: Eine Ablammung ohne vorhergehende Trockenstehzeit gilt nicht als lange Laktation. Ebenso zählt eine 18-monatige Laktation mit dem Ziel, die Ablammzeiten zu verschieben, nicht als lange Laktation.

Wie füttert man Ziegen in langer Laktation?

Der Erfolg der langen Laktation bei Ziegen hängt auch von der durchgehenden Qualität der Fütterung ab. Im Gegensatz zur Trockenstellphase in der herkömmlichen Laktation, müssen die Ziegen in der langen Laktation anders gefüttert werden, insbesondere wenn die Futterqualität sich verändert (Maissilage, Heuschnitt). Die Zufuhr muss an den Bedarf angepasst werden, ohne zu viel Energie zuzuführen und die Gewichtszunahme muss überwacht werden. Werden Ziegen zu fett, lassen sie in der Milchproduktion nach. Was den Eiweißbedarf betrifft, so ist eine Erhöhung im Vergleich zu den anderen Ziegen nicht immer gerechtfertigt. In den meisten Rationen deckt die Zufuhr den Bedarf bereits weitgehend ab. Wenn Tiere in langer Laktationsphase sehr gutes Potenzial haben, kann eine Zufuhr von 50g PDI pro Tag und Ziege getestet werden.
Quelle: INSTITUT D’ELEVAGE idele, Collection Fiche Pratique.
Übersetzung: Astrid Zand, Beratung: Dr. Pera Herold

Anmerkungen zur Übersetzung:
„PDI“ ist die Abkürzung für „Protéines Digestibles dans l’Intestin“, auf Deutsch: darmverdauliches Eiweiß und zeigt den Proteinwert eines Futtermittels an. Für die
Fütterung von Milchziegen in der langen Laktation lässt sich allgemein eine Zulage von bis zu 50 g nXP empfehlen, wenn die Ausgangsration eine ausgeglichene Ruminale Stickstoffbilanz (RNB) aufweist. Letztendlich muss die richtige Menge auf das Potential der Ziege abgestimmt und damit im Einzelfall in der Praxis ausgetestet werden.
Zu den Begriffen „Durch- u. Dauermelken“: Durchmelken ist definiert als „als das Weitermelken einer hochträchtigen Ziege ohne Trockenstellen“ und Dauermelken als „das Melken über ein oder mehrere Jahre hinweg, ohne die Tiere erneut zu belegen“. Daher ist es sinnvoll im Deutschen von „Dauermelken“ zu sprechen. Das Durchmelken entspricht nicht der guten fachlichen Praxis. Eine hochträchtige Ziege sollte vor der Ablammung immer trockengestellt werden, damit sie sich auf die Geburt vorbereiten kann und damit dem
Neugeborenen ausreichend Kolostrum von der eigenen Mutter zu Verfügung steht.

Diese Unterscheidung nimmt Marie-Rosa Wolber vor in „Züchtungskunde“, 90, (5) S. 379–397, 2018. Sie bezieht sich in der Definition von „Durch- u. Dauermelken“ auf: Moog, U., E. Gernand und H. Lenz, (2012): Euter- und Milchbefunde in Thüringer Milchziegenbetrieben. Abstracts der internationalen Tagung, Tiergesundheit kleiner Wiederkäuer, 23.-25. Mai 2012 in Sellin/Rügen, Tierärztliche Praxis, Großtiere 5: A15.

Pera Herold erläuterte der VSZM, dass die Ausgangslage in Deutschland anders als in Frankreich ist: Die Auswahl geeigneter Ziegen ist in Deutschland schwieriger als in
Frankreich, da bei uns keine genomische Zuchtwertschätzung vorhanden ist. Die Franzosen können aufgrund des Genotyps von Kitzen schon sehr sicher Zuchtwerte schätzen und Jungziegen gezielt für eine lange Laktation auswählen. Auch zur Persistenz gibt es in Deutschland keine Informationen. Eine Information über die Persistenz ist für das Dauermelken wichtig. Als Persistenz wird die Fähigkeit bezeichnet, eine relativ hohe Milchleistung möglichst lange zu halten. Es ist günstiger, wenn die Ziege zu Laktationsbeginn nicht so hoch einsetzt, aber dafür nicht schon mit 200 Tagen deutlich in der Milchleistung zurückgeht. Gute Dauermelkerinnen kann man daher in Deutschland nur nach einer erfolgreich absolvierten Dauermelklaktation zur Zucht auswählen. Selbst dann bleibt aber noch offen, ob die Milchleistung aufgrund der Haltungsbedingungen oder der Genetik gut war.